Wer sich beim Investieren dem fundamentalen Ansatz widmen möchte, muss häufig deutlich flexibler und engagierter sein, als dies beispielsweise bei technisch veranlagten Investoren der Fall ist. So hat die Charttechnik gewisse Muster und Techniken, die bei nahezu jeder Aktie nach der gleichen Vorgehensweise angesetzt werden können. Ist die 200-Tage-Linie nach oben oder unten gebrochen so kann der Weg nun in eben diese Richtung weitergehen. Andere Indikatoren sollen Wendepunkte hervorsehen und wiederum andere geben an, wann ein Markt überkauft oder überverkauft ist. Diese Tools haben sicherlich ihre Daseinsberechtigung, gibt es doch vielfache Bücher und Experten, die sich damit auseinandersetzen um die perfekte Anlagestrategie zu definieren. 

Nun haben wir aber in der Vergangenheit unzählige Kursabstürze oder Ausbrüche nach der Bekanntgabe von Unternehmensnachrichten gesehen. So ist die Aktie der Südzucker in der vergangenen Woche beispielsweise nach Meldungen über einen schwächeren Ausblick massiv gefallen. Andererseits klettern Aktienkurse regelmäßig, wenn auch nur die geringsten Übernahmefantasien ihre Kreise ziehen. Nach eben solchen Momenten kommen dann häufig besagte Chartanalysten mit ihren Darstellungen, dass der Kurs eben fallen musste, weil Indikator XY eine solche Überhitzung bereits angedeutet hatte. Die Frage die dann jedoch im Raum steht; „Wäre der Kurs auch gefallen, wenn eine besondere Unternehmensnachricht ausgeblieben wäre?“.

Da jedoch bereits zahlreiche Anleger der Analyse anhand von Kurvenauswertungen verfallen sind, kann man es häufig sicherlich schon fast als selbsterfüllende Prophezeiung beschreiben, welche nicht unbeachtet bleiben sollte. Tritt nun also ein gewisses Merkmal wie beispielsweise das Durchbrechen der 200GD von unten nach oben auf, sehen viele Investoren dies als Signal und steigen ein. Dadurch werden die Kurse natürlich weiter getrieben, sodass diese sich im Endeffekt dann wirklich weiter verbessern. Wie nachhaltig solche Kurse dann jedoch sein dürften ist denke ich äußerst fraglich.

Bei Anlegern, die ihr hart erspartes Geld nun längerfristig am Markt platzieren wollen und nicht unbedingt an schnellen und kurzen Kursbewegungen partizipieren, ist ein fundamentaler Ansatz daher zweckdienlicher. Nun jedoch heißt es fleißig sein. Denn möchte man ein Unternehmen aus allen Blickwinkeln seines Tun und Handelns beleuchten, so sind zahlreiche unterschiedliche Merkmale von Bedeutung. Zum einen die quantitativen Kennzahlen in Bezug auf die Kapitalstruktur (Eigenkapitalquote, Net debt/Ebitda, Umsatzentwicklung etc.) und in Bezug auf die Aktie (KBV, KGV, KCV etc.). Auf der anderen Seite muss jeder Anleger auch seine eigene Meinung mit einbringen, wenn es beispielsweise um die Bewertung eines Geschäftsmodelles (ist das Produkt auch in 10 Jahren noch notwendig, Expandiert die Firma in die richtigen Regionen etc.) oder das Werten über die Vorstandsmitglieder geht. Objektivität bei Kennzahlen, die leicht miteinander vergleichbar sind, werden also mit subjektiven Ansätzen gepaart. Das schöne dabei: Jeder Anleger kann hier voll und ganz überzeugen, denn somit haben große Banken, Analysten oder Hedgefonds so gut wie keinen Wissensvorsprung mehr, sodass es nur noch darauf ankommt, was sich bei jedem einzelnen im Kopf abspielt.

Um nun an die vielen besagten Informationen zu kommen ist ein Besuch auf der Investor Relations Seite eines Aktienunternehmens unverzichtbar. Jede Aktiengesellschaft hat auf ihrer Website einen Unterpunkt, der sich so oder so ähnlich nennt und alle wichtigen Informationen beinhaltet. So sind Quartals- und Jahresberichte veröffentlicht, es gibt Angaben darüber wie viele Aktien der CEO aktuell verkauft oder gekauft hat (Directors‘ Dealings) und ebenso wann die nächsten Zahlen veröffentlicht werden. Wenn man ein Unternehmen nun ganz genau beobachten will kann ich nur empfehlen einmal selber in der IR-Abteilung anzurufen und sich in den Newsletter einzutragen. Nur dann bekommt man alle AD-Hoc Meldungen wirklich zeitgleich mit dem Markt, sodass kein Vorsprung mehr gewährt ist. Weiterhin kann ich bei Betrachtung der unterschiedlichen Informationen besonders die Präsentationen für Analystenkonferenzen (Road Shows) empfehlen. Hier sind vor allem alle für Investoren wichtigen Informationen enthalten. Weitere Videos und Interviews mit den Vorstandsmitgliedern erlauben dann einen spannenden Einblick über die Charaktere der Köpfe, die ganz oben sitzen und im Endeffekt für ein Investment verantwortlich sind.

Seien Sie jedoch auch auf der Hut! Schließlich sind alle Präsentationen und Angaben, die dort gemacht sind als Marketing-Tool für Investoren zu verstehen. Natürlich sind alle Wahrheiten pflichtgemäß zu machen und entsprechen auch der Wahrheit (alles andere wäre strafbar), allerdings sind diese in das schönste Licht gestellt, dass die ausgefuchste IR-Abteilung finden konnte. Nicht notwendige und dazu negative Informationen fallen dann gerne schon mal unter den Teppich.

So ist also klar, dass bei einem Investment mit fundamentalem Schwerpunkt ein Besuch auf der IR-Seite eines Unternehmens unabdingbar ist. Vorsicht ist jedoch geboten, denn man sollte immer im Hinterkopf behalten, dass eine Aktiengesellschaft die Aktien vermarkten will und sich somit im besten Anzug präsentiert. Schnell kommt dabei Begeisterung für Aktie XY auf, weswegen man sowas immer und überall im Hinterkopf behalten sollte. Und auch eine Recherche, die viel Zeit in Anspruch genommen hat ist niemals umsonst. Denn ringen Sie sich dazu durch nicht auf das Unternehmen zu hören und von einem Investment Abstand zu nehmen, haben Sie Ihr Kapital eventuell vor einer schlechten Anlage gerettet.

 

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Familien frohe und vor allem erholsame Ostertage

 

Ihr Andreas Meyer

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